Doktor Hans van Montfort und die Gestaltungstherapeutin und Bewusstseinstrainerin Yvonne Coolen vom Zentrum für ganzheitliche Gesundheitsfürsorge [Centrum voor Integrale Gezondheidszorg] lasen zum ersten Mal vor einigen Jahren in einem Zeitungsartikel über diese ursprünglich amerikanische Erfindung. Es war weniger die Tatsache, dass der Teig nicht geknetet werden muss, der sie ansprach, als vielmehr das Herstellungsverfahren, das aus gesundheitlicher Perspektive einzigartig ist. Was genau ist der Unterschied? Warum ist das Brot so aussergewöhnlich gesund und warum ist das Kneten des Teigs überflüssig?
Langsamer Gärungsprozess
„Was dieses Brot so interessant und gesund macht, ist der langsame Gärungsprozess vor dem Backen“, erklärt Hans. „Alle Körner und Samen enthalten Phytinsäure, eine natürliche Substanz, die von der Pflanze produziert wird, um Insekten abzuschrecken. Diese Phytinsäure behindert allerdings die Absorption einiger essenzieller Nährstoffe, wie Zink, Magnesium, Kalzium sowie der Vitamine C und D und einer Anzahl von Spurenelementen. Das kann zu ernährungsbedingten Mängeln führen. Sobald der Teig zu gären beginnt, tritt das Phytase-Enzym, ein weiterer natürlich vorhandener Stoff, in Wirkung. Phytase baut die Phytinsäure ab. Das benötigt allerdings Zeit. Bei der Zubereitung von ungeknetetem Brot nehmen wir uns diese Zeit. Ganz im Gegensatz zu den Broten, die mit Hefeteig zubereitet werden.“
Yvonne: „Vor ungefähr 60 Jahren wurde das Brot, das täglich auf den Tisch kam, mit Sauerteig hergestellt. Hefebrot war ein Luxusartikel für Sonn- und Feiertage. Auch Sauerteig gärt langsam.“
Leichter verdaulich
„Aus kommerzieller Sicht ist es nachvollziehbar, dass man sich für die Herstellung von Hefebrot entscheidet. Je schneller der Prozess, desto niedriger die Kosten. Darüber hinaus spricht Hefebrot die Massen mehr an, da Sauerteigbrot und ungeknetetes Brot einen ausgeprägteren Eigengeschmack haben. Wir essen nicht besonders viel Brot, aber wenn, dann ist es entweder Dinkelbrot oder eben das ungeknetete Brot, das wir im Big Green Egg gebacken haben. Weil das Zeit erfordert, backen wir oft nur am Wochenende“, erläutert Yvonne.
„Ein weiterer Vorteil des Gärungsprozesses ist die Tatsache, dass andere Enzyme Proteine abbauen, sodass das ungeknetete Brot leichter verdaulich ist. „All diese Aspekte machen das Brot so gesund“, ergänzt Hans.
„Es hat sich einfach so ergeben, dass wir das Brot im Big Green Egg backen. Durch die Kohle bekommt das Brot einen ganz anderen Geschmack als wenn es im Ofen gebacken wird. Die Hitze, die Belüftung und die Feuchtigkeit sind in einem Big Green Egg natürlich ganz anders. Der Feuchtigkeitsgehalt in einem elektrischen Ofen ist eigentlich zu niedrig.“
Niemals Fertigmischungen für Brot verwenden
„Wir halten uns an das Originalrezept des Bäckers Jim Lahey und verwenden nur 1 g Hefe auf 430 g Mehl. Manchmal fügen wir dem Teig Körnermischungen und Nüsse hinzu. Deren Hüllen enthalten ebenfalls Phytinsäure, deswegen weichen wir sie zunächst einige Stunden in Wasser ein, um die Säure zu entfernen. Darüber hinaus verwenden wir ausschliesslich reines Mehl, niemals Fertigmischungen. Viele davon enthalten noch andere Zutaten, wie beispielsweise Eipulver, Hefe, Fett, Milchpulver und L-Cystein, einen Brotverbesserer, der aus Haaren hergestellt wird.
Im Gegensatz zum Originalrezept backen wir das Brot nicht in einer Pfanne auf dem Big Green Egg, sondern legen es direkt bei einer Temperatur von 260 °C auf den Flat Baking Stone unter einer hitzebeständigen Kappe. Nach einer halben Stunde entfernen wir die Kappe und backen das Brot weitere 20 Minuten bei 200 °C. Dadurch wird es flacher, aber durch den direkten Kontakt mit dem Flat Baking Stone bekommt man ein echtes Bauernbrot.“
Eine Art langsames Garen
Bedeutet das, dass ungeknetetes Brot bald extrem beliebt werden wird? „Es hat auf jeden Fall das Zeug dazu, ein Trend zu werden“, bestätigt Yvonne. „Zum Glück werden sich immer mehr Menschen bewusst, wie sehr die Ernährung zu einer guten Gesundheit beitragen kann. Ausser den Nährwerten spielt auch die Zeit hierbei eine wichtige Rolle.
In unserem Gesundheitszentrum ist uns aufgefallen, dass die Leute heutzutage bereit sind, mehr Zeit für die Zubereitung ihrer Mahlzeiten einzuplanen. Das macht eine Veränderung der Tagesstruktur erforderlich. Die Vorbereitung und das Backen sind nicht das Problem, es ist vielmehr die Zeit, die vergeht, bevor man es essen kann. Natürlich kann man in der Zwischenzeit andere Dinge tun. Es ist im Grunde eine Art langsames Garen. Ausserdem riecht und schmeckt das ungeknetete Brot wirklich köstlich. Man kann es auf jeder Dinnerparty mit einem ausgezeichneten Olivenöl reichen und es wird im wahrsten Sinnes des Wortes in aller Munde sein!“
Der Bäcker und der Chefkoch
Ungeknetetes Brot passt also nicht nur zu einem gesunden Lebensstil, sondern schmeckt zudem köstlich! Trotzdem bleibt die Frage, wie man schmackhaftes, gesundes Brot ganz ohne Kneten backen kann. Bäcker Jan Bronswijk von der Bronswijk BuytenDelft Bäckerei und Chefkoch Leonard Elenbaas aus dem Restaurant Pure Passie haben den Vorgang einmal genau untersucht.
„Anfangs habe ich nicht viel davon gehalten“, gesteht Jan. „Das vorhandenene Gluten wird durch Hinzufügen von Wasser aktiviert, sodass es abgebaut wird und verklebt. Dadurch entstehen Stränge, welche die Luft einschliessen. Diese Stränge bilden ein flexibles Skelett für das Brot. Dadurch kann der Teig aufgehen und bekommt eine feste Struktur. Das Kneten beschleunigt diesen Prozess natürlich, aber wenn man ihm ausreichend Zeit gibt, erledigt das Gluten im Brot das ganz von selbst.“
Schöne Kruste
„Nach dem Mischen der Zutaten kann man den Teig zum Beispiel in eine Schüssel oder einen Behälter tun. Man muss ihn zudecken, damit er nicht austrocknet. Das ist ganz wichtig. Danach lässt man die Zeit Wunder vollbringen und der Teig gärt und geht auf. Für ein besonders gutes Ergebnis sollte man die Schüssel auf eine Holzoberfläche stellen und keinesfalls auf das kalte Spülbecken. Wenn man mehrere Laibe Brot backen möchte, kann man einen Erstteig für die Quellphase zubereiten. Nachdem er weitere zwei Stunde aufgegangen, schneidet man ihn dann in zwei Portionen“, erklärt Leonard.
„Der ungeknetete Brotteig ist feuchter als herkömmlicher Teig, er muss gestützt werden. Wir backen unser Brot in einer gusseisernen Pfanne, die Hitze auch dann gut festhält, wenn man den kalten Teig hineingibt“, betont der Chefkoch. „Ausserdem muss man die Pfanne zu Beginn des Backvorgangs abdecken. Sonst verdunstet das Wasser durch die Hitze und es bildet sich direkt eine Kruste, sodass das Brot nicht aufgehen kann. Es reisst oder platzt sogar auf.“
„Kommerzielle Bäckereien verhindern das mit Dampf“, ergänzt Jan. „Die im Teig enthaltene Hefe braucht Zeit, um ihre Arbeit zu tun. Dank der Hitze im Big Green Egg arbeitet die Hefe schneller und sorgt dafür, dass der Teig wie im Ofen aufgeht. Zu einem gewissen Zeitpunkt stirbt die Hefe ab und das Brot hat seine endgültige Grösse erreicht. Wir nehmen den Deckel erst dann von der Pfanne, wenn das Brot sich geformt hat, damit sich eine schöne, knusprige Kruste entwickeln kann.“
Hilfreiche Richtlinien
„Eine schöne Kruste ist allerdings noch keine Garantie dafür, dass das Brot auch wirklich durch ist. Wenn es nicht durchgebacken ist, fällt es zusammen. Die Glutenstränge können Luft festhalten, aber die Basis für das Brot wird erst dann gelegt, wenn die Stärke hart geworden ist. Das geschieht, wenn der Kern des Brotes eine bestimmte Temperatur erreicht hat. Die Temperatur und die Backzeit mit und ohne Deckel bieten einen hilfreichen Leitfaden, um unter anderem dafür zu sorgen, dass die Kruste des fertigen Brotes die richtige Farbe hat.“
„Für das Backen von kleineren oder grösseren Laiben Brot, müssen die Temperatur und die Backzeit entsprechend angepasst werden. Bei einem grossen, schweren Brot dauert es länger, bis die Hitze den Kern erreicht.“ Leonard: „Um zu prüfen, ob das Brot fertig ist, kann man es vorsichtig aus der Pfanne nehmen und gegen den Boden klopfen. Es sollte hohl klingen. Wenn das nicht der Fall ist, ist das Brot noch zu feucht. Sollte es also noch nicht fertig sein, zurück damit in den Ofen.“
Unendlich viele Variationen
„Das Tolle an diesem Rezept ist, dass es endlose Variationsmöglichkeiten bietet“, fügt Leonard hinzu. „Mann kann beispielsweise anstelle der Sechskornmischung auch Mehl, z. B. Weizen- oder Dinkelmehl verwenden. Die weiteren Zutaten bleiben unverändert.“
Jan: „Es kann darüber hinaus perfekt im Big Green Egg gebacken werden. Man muss die Zutaten einen Tag zuvor mischen, den Teig am nächsten Tag gehen lassen und sich einen Drink gönnen, während es backt. Dann hat man zum Abendessen köstliches, frisch im Big Green Egg gebackenes Brot!“
Sie möchten nicht geknetetes Brot im Big Green Egg backen? Dann sollten Sie dieses Rezept ausprobieren!